Kur mit Hund
Kann man eine Kur mit Hund machen?
Viele Hundebesitzer müssen irgendwann einen Kurantrag stellen. Doch die Unterbringung eines Hundes kann über eine so lange Zeit schwierig sein. Daher besteht immer öfter der Wunsch, seinen Hund mit in die Kurklinik bringen zu dürfen. Bei den meisten Reha- und Kurkliniken ist das bisher nicht möglich. Bei einigen klinischen Einrichtungen darf der Hund aber schon mitkommen. Es handelt sich allerdings vornehmlich um Reha-Suchtkliniken und Kliniken mit psychotherapeutischer Ausrichtung. Außerdem gibt es heutzutage die Möglichkeit, eine tiergestützte klinische Therapie bei seelischen Erkrankungen zu erleben.
Ich muss zur Kur – was geschieht mit meinem Hund?
Der Hund ist ein tierischer Lebensgefährte, der einem sehr ans Herz wächst. Sein Wohl ist einem Hundebesitzer mindestens genauso viel wert wie das eigene. Daher verzichten viele Hundebesitzer lieber auf die Kur, als ihren Liebling in andere Hände zu geben. Der Hund würde in den meisten Fällen durch die lange Abwesenheit seines Halters leiden. Drei Wochen Tierhotel als mögliche Alternative können zudem recht teuer werden. Nicht alle Menschen können sich das leisten, zumal sie schon Fahrtkosten und Eigenbeteiligung zu stemmen haben. Bei einer niedrigen Regelrente oder Altersarmut ist diese Möglichkeit der Unterbringung nicht gegeben. Für Freiberufler ist zusätzlich noch der Verdienstausfall zu berechnen. Das erhöht die Chance, dass trotz gesundheitlicher Notlage gar nicht erst ein Kurantrag gestellt wird.
Die üblichen drei Wochen Kurdauer können zudem bei länger andauernden Reha-Maßnahmen noch überschritten werden. Eine so lange Zeit auf den besten Freund des Menschen zu verzichten, scheint für viele Menschen unmöglich zu sein. Auch für den Hund bedeutet die lange Abwesenheit seines Halters enormen Stress. Das Tier erlebt Verlustängste und zeigt Kummer. Nicht jeder Hund kann gut damit umgehen, längere Zeit zu anderen Menschen gegeben zu werden. Selbst wenn die besten Freunde oder nette Nachbarn den Hund für die Dauer der Kur übernehmen würden, kann es sein, dass in deren Wohnung keine Hundehaltung gestattet wird. Abgesehen davon sehen viele Hundebesitzer es als Risiko an, ihre Hunde über längere Zeit in fremde Hände zu geben. Während einer Reha-Maßnahme könnte der Hund erkranken. Er kann einen Unfall verursachen oder ausbüxen. Der Kurbedürftige hätte in der Zeit seiner Abwesenheit keine ruhige Minute. Das aber würde den Kurverlauf stören und den Kurerfolg von vorneherein in infrage stellen. Es kommt sogar vor, dass Menschen zunächst einen Kurantrag stellen und die Kur dann nicht antreten, weil sie lieber bei ihrem Hund bleiben. Unter bestimmten Gesichtspunkten scheint es für beide Seiten klüger zu sein, den Hund mit in die Kurklinik zu nehmen. Tatsächlich bieten heitzutage schon einige Kur- und Reha-Kliniken diese Möglichkeit an. Bisher sind es aber vor allem psychosomatische Kliniken und Suchtkliniken.
Kuren mit dem Hund – wie geht das?
Heutzutage bieten schon einige Kliniken an, dass man seinen Hund zur Kurmaßnahme mitbringen kann. Die Erkenntnis, dass der Kurerfolg vielleicht durchschlagender ist, wenn das Haustier mit dabei ist, setzt sich zumindest bei einigen Behandlungskonzepten durch. Zu bedenken ist allerdings, dass bestimmte Voraussetzungen gegeben sein müssen. Zunächst einmal muss man detrzeit suchtkrank oder seelisch krank sein, um von diesem Behandlungsansatz profitieren zu können. In den meisten normalen Reha- und Kureinrichtungen sind Hunde bislang nicht erlaubt. Möchte man eine Kurklinik im Ausland aufsuchen, ist die Notwendigkeit von Impfungen oder Quarantäne-Bedingungen zu prüfen. Eine Zeckenprophylaxe ist im Ausland grundsätzlich anzuraten. Zu bedenken ist außerdem, dass man die gewohnte Schlafgelegenheit, Futternäpfe und Spielzeug zusätzlich zum eigenen Gepäck zu transportieren hat. Doch vor allem muss man dafür sorgen, dass die Krankenkasse dem Patienten tatsächlich einen Kurantrag für eine Kur- oder Reha-Klinik genehmigt, in die ein Hund mitgenommen werden kann.
Es erweist sich beim Blick ins Internet, dass Hunde bisher lediglich in wenigen Fach- oder Spezialkliniken willkommen sind. Beispiele sind:
– die Fach- und Rehaklinik Serrahn für Suchtkranke
– die Tessiner Fachklinik für Drogenabhängige
– die Rehabilitationsklinik für Neurologie und Orthopädie in Bad Liebenstein
– die Drogenhilfe-Fachklinik Aggerblick in Radevormwald
– die Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik in Nümbrecht
– die Dr. Becker Klinik „Juliana“ in Wuppertal
– die Dr. Becker Burg-Klinik in Stadtlengsfeld
– die Reha-Klinik „Glotterbad“ in Glottertal für Psychosomatik, psychotherapeutische und innere Medizin
– das Reha-Fachkrankenhaus Vielbach für Alkoholiker
– die BWLV Fachklinik Schloz für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen
– oder die Akutklinik Dr. Römer in Calw-Hirsau für Psychosomatik und Psychotherapie.
Ob all diese Kliniken noch heute dasselbe Konzept verfolgen, muss jeweils überprüft werden. Wichtiger ist aber die Erkenntnis, dass Hunde bislang vornehmlich in Suchtkliniken oder Kliniken mit psychiatrischer Ausrichtung willkommen sind. Eine Ausnahme findet sich bestenfalls in der „Fachklinik für Orthopädie, Innere Medizin und Rheumatologie“ in Baden-Baden. Eine weitere Möglichkeit bietet sich in der „Winkelwaldklinik“ in Nordrach, die als Fachklinik für onkologische und geriatrische Rehabilitation sowie Kurz- und Langzeitpflege bekannt ist. Außerdem darf man seinen Hund mit in die „AWO-Fachklinik Schönau“, eine Klinik für spezielle Schmerztherapie und Schmerzpsychotherapie in Bad Mergentheim mitnehmen.
Geradezu vorbildlich in Sachen Hund sind drei der Kliniken, die zur Dr. Becker Klinikgruppe gehören. In der Fachklinik Burg sind neuerdings alle Flure und Räume, zu denen Hunde Zutritt haben, mit feucht abwischbaren Bodenbelägen ausgestattet. Die Balkonnachbarn können sich nicht wegen Belästigungen durch benachbart lebende Hunde beschweren, da die Zimmerbalkone eine Sichtschutz-Abtrennung haben. Es gibt für Hundebesitzer spezielle Aufenthaltsräume. Außerdem steht den Tierhaltern ein 350 Quadratmeter großes Auslaufareal mit Agility-Sportgeräten sowie eine Hunde-Waschstraße zur Verfügung. Beim Auslausfareal besteht kein leinenzwang. Hier hat man erkannt, wie wichtig ein Hund für den Patienten ist – und reagiert darauf. In Österreich bietet das „Kurhotel Vitana“ bisher als einzige Einrichtung eine Kur oder einen selbst finanzierten Kurlaub mit Hund an.
Ein anderes Angebot für Kurpatienten mit Hund
Als weitere Möglichkeit, mit seinem Hund in eine Kur zu fahren, ist die tiergestützte Therapie anzusehen. Die exakte Bezeichnung ist „tierbegleitete stationäre psychosomatische Behandlung“. Einer der wenigen Anbieter in Deutschland ist die Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen. Ein therapeutisches Konzept, das einen Hund oder ein anderes Haustier mit in den Therapieplan einschließt, war bisher nur ambulant denkbar. In der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen verfolgt man jedoch einen eigenen therapeutischen Ansatz. Hier geht man davon aus, dass die Therapie besser anschlägt, wenn sie den Hund involviert. Er ist oft die engste Bezugsperson eines Menschen – und das gilt auch für Menschen mit psychosomatischen oder psychischen Erkrankungen.
In der Parkklinik Heiligenfeld kann der Hund mit seinem Herrchen im selben Zimmer wohnen. Auch die Mitnahme mehrerer Hunde ist möglich. Die tierbegleitete Therapie soll über die Klärung der Beziehung zum Hund zur Gesundung des Menschen beitragen. Der Hund ist also nicht nur Teil des Therapieplans für den erkrankten Menschen. Das Haustier profitiert bei der tiergestützten Therapie auch selbst davon, da sein Frauchen oder Herrchen wieder angemessener mit ihm umzugehen lernt. Oftmals werden die Haustiere von psychisch kranken Menschen phasenweise vernachlässigt. Alternativ werden sie vor lauter Schuldbewusstsein, Kummer oder seelischer Bedürftigkeit erdrückt. Die Patienten überfrachten ihre Hunde mit Erwartungen. Oftmals sehen sie ihre Hunde als Kinderersatz an. In diesen Fall ist die Hundehaltung selten tiergerecht. Beiden Parteien soll in Bad Kissingen die Würde wiedergegeben werden. Der Patient lernt nicht nur, mit sich selbst angemessener umzugehen.
Wie verläuft die tiergestützte Therapie?
Das psychotherapeutische Behandlungskonzept der Parkklinik in Bad Kissingen beruht auf drei Komponenten. Der depressive oder psychotische Patient wird – wie allgemein üblich – nach den Klinikkonzepten behandelt. Der Hund oder das mitgebrachte Haustier kann dann von dem Therapeuten, der einem Patienten zugewiesen wird, mit in die Einzelgespräche und Therapiemaßnahmen einbezogen werden. Bei diesen Gesprächen wird auch die Mensch-Tier-Beziehung unter die Lupe genommen. Dabei kann eine auf Tiere spezialisierte Kommunikationstrainerin teilnehmen. Außerdem finden in diesem Konzept multimodale psycho-edukative Gruppen zum Thema „Beziehung und Kommunikation zwischen Mensch und Tier“ statt. Dabei kommen
– die Bindung zum Haustier bzw. Hund
– die Körpersprache des Hundes
– Aufklärung über Beschwichtigungssignale
– die Bedürfnisse des Hundes
– ein praxisbezogenes Coaching zum richtigen Spielen
– der Umgang mit Verlust, Trennung oder Trauer
– oder Erläuterungen über Tiere als Spiegel der menschlichen Seele
zur Sprache. Die Idee dahinter ist: Eine verbesserte und intensivierte Beziehung zum Hund kann zur Heilung psychischer Erkrankungen beitragen. Zugleich profitiert auch das Tier von der Gesundung seines Halters.
Die stationäre tierbegleitete Therapie ist ein innovatives Konzept. Ob es jemals bundesweit Schule macht, bleibt abzuwarten. Es steht zu erwarten, dass die Krankenkassen solche Konzepte nicht oder nur teilweise mitfinanzieren. Auch in Bad Kissingen muss der Patient einen Teil der hundespezifischen Kosten selbst tragen. Wird beispielsweise ein Hundetrainer, ein Hunde-Kommunikationstrainer oder Tierheilpraktiker herangezogen, geschieht dies zulasten des Halters.